Die Existenzielle Pädagogik ist eine Lebens- und Erziehungshaltung, die die Person in der Auseinandersetzung mit sich und der Welt zu einer aktiven Stellungnahme, zur Übernahme von Verantwortung und zur Gestaltung von Entwicklungsräumen herausfordert.
Ermutigt durch wertschätzende Annahme und unter Berücksichtigung der Potenziale können im phänomenologischen Schauen Bewegungsrichtungen, Werte und Sinnfragen zieloffen geklärt werden.
Definition und Begriffsklärung Stand 2013
Das Ziel der Existenziellen Pädagogik ist, dass Menschen ihr Leben für sich sinnvoll gestalten und ein inneres Ja dazu haben. Dabei wollen wir sie begleiten. Basis für dieses Miteinander sind Beziehung und Bindung. So öffnen wir Menschen Entwicklungsräume, damit sie sich in ihrer jeweiligen Grundmotivation weiter entwickeln können, d. h. wir laden zur Auseinandersetzung mit sich und der Welt ein und begleiten sie in dem Prozess. Wir gehen davon aus, dass dazu vier Grundmotivationen (Grundbedingungen) erfüllt sein müssen:
Dasein können: Der Mensch braucht Raum, Halt und Schutz, um sich entwickeln zu können.
Sein Leben mögen: Durch Beziehungen, Zeit und Nähe, d.h. durch die grundsätzlich wertschätzende Annahme, erleben Menschen, dass das Leben schön und lebenswert sein kann und werden ermutigt, eigene Werte zu finden.
So-Sein können: Jeder Mensch ist individuell und verschieden - mit eigenen Stärken und Schwächen, Werten, Entscheidungen, Bedürfnissen, Geschichte - und braucht daher auch unterschiedliche Beachtung. Hier geht es um die Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit, um Achtsamkeit mit sich selbst und um den Respekt, bzw. die Wertschätzung dem Anderssein des anderen gegenüber, also um den gesunden Selbstwert.
Sinnvoll handeln können: Hier geht es um den Bezug zur Welt, um das Erkennen von Zusammenhängen im Leben, um das Ausprobieren von wert-vollen Tätigkeiten und um die Einladung, den jeweiligen momentanen Sinn im eigenen Handeln zu erkennen und bewusst zu gestalten.
„Pädagogik“ ist für unser Erziehungshaltung eigentlich ein nicht ganz so geeigneter Begriff, da er impliziert, dass es lediglich um eine Beziehung vom einem Erwachsenen zu einem Kind geht. Die Grundhaltung der Existenziellen Pädagogik ist jedoch in allen Begegnungen wirksam, z. B. auch zwischen Erwachsenen: zwischen Teammitgliedern oder in der Elternberatung und im kollegialen Austausch in Hilfeprozessen o. ä..
Haltung ist die durch Werte und Moral begrenzte Weise eines Menschen, die seinen Handlungen, Zielsetzungen und Aussagen zugrunde liegt. Sie zeigt die Art, in der ein Mensch mit sich selbst, einem Gegenüber oder einer sozialen Gruppe umgeht bzw. in der er Situationen oder die Welt betrachtet. Dies bedeutet, dass Haltung sich zeigt im Kognitiven (Annahmen und Überzeugungen), im Affektiven (in Gefühlen und Emotionen) und im Verhalten. Eine Haltung ist deshalb vom Menschen veränderbar.
Aufgrund von beobachteten Handlungen und Aussagen (bspw. über ein Kind oder über einen Zusammenhang) kann Haltung hinterfragt werden. Diese Hinterfragung ist uns in der Existenziellen Pädagogik wichtig. Neben dem Deutlichwerden von Wertschätzung, Annahme und Fehlerfreundlichkeit in der Haltung ist uns wichtig, dass wir jedes Verhalten einer Person in einem bestimmten Zusammenhang als sinnvoll ansehen. Hieran schließt sich das Verstehenwollen des Gegenübers an, was einer phänomenologischen Haltung entspricht.
Jeder Mensch (auch ein Kind) hat die Verantwortung, sich zu bestimmten Situationen zu verhalten. Unser Ziel ist es, eine Antworthaltung zu finden, die sich über eine personale Stellungnahme deutlich macht. Auf die situativen Anfragen jeder noch so herausfordernden Situation wollen wir eine Antwort geben. Eben jene personale Stellungnahme zeigt sich in der Entscheidung für das eigene Verhalten. Das Aufnehmen der Außenwelt und das Ernstnehmen der eignen Innenwelt liegen ihr zugrunde.
Mit Hilfe eines phänomenologischen Blicks und des Austauschs innerhalb der Beziehung versuchen wir zu ergründen, was das Gegenüber braucht, um sich entwickeln zu können. Die Entscheidung über das Betreten, das Nutzen der hierdurch zur Verfügung gestellten Entwicklungsräume trifft jeder Mensch für sich selbst. Auch hier leitet uns die Annahme, dass jedes Verhalten einer Person für diese in dem jeweiligen Moment sinnvoll ist.
In der Annahme der Person wird Wertschätzung deutlich. Wir trennen Person und Verhalten in der Existenziellen Pädagogik. Unsere These lautet: Wenn Menschen glauben können, dass sie wertvoll sind, ist dies eine Grundlage für deren Entwicklung.
Menschen tun das, was für sie im Moment am Sinnvollsten ist. In ihrem Verhalten wird ein Wert deutlich. Unsere Aufgabe ist es, dabei Unterstützung zu geben, sich dieser Werte bewusst zu werden. Wir selbst sind nicht wertoffen, sondern leben und zeigen unsere eigenen Werte. Eigene Werte in Zielen deutlich zu machen und diese zu leben, ermöglicht ein als sinnvoll erlebtes Dasein.
Wir sehen die Potenzialität der Menschen, mit denen wir arbeiten. Dies geht über die Ressourcenorientierung hinaus. Wir ermutigen die Kinder nicht nur, ihre Stärken zu erkennen und zu nutzen, sondern auch, für sich Ziele zu formulieren und diese aktiv anzugehen, bzw. Werte zu benennen und diese zu leben.
Unsere Pädagogik entwickelt sich immer weiter – und wir freuen uns, wenn Sie sich mit Ihren Fragen direkt an uns wenden und den Austausch mit uns suchen.